Giardien – gefährliche Durchfall-Erreger bei Tier und Mensch
Welches Ausmaß eine Infektion mit Giardien haben kann, verdeutlicht am besten das Beispiel des Kreuzfahrtschiffes MS Berlin, das im Jahr 2002 eine Reise abbrechen musste. Ursache war eine
Massenerkrankung der Reisenden mit Durchfall und Erbrechen, ausgelöst durch Giardia lambilia.
Giardien sind winzig kleine Einzeller, Protozoen, die im Darm zahlreicher Tierarten vorkommen können. Giardia canis ist rein statistisch gesehen der zweithäufigste Magen-Darm-Parasit beim Hund und
kann auch bei guten Haltungsbedingungen auftreten.
Die Vermehrung der Giardien im Dünndarm erfolgt durch Zweiteilung, also quasi explosionsartig. Vor der Ausscheidung mit dem Kot verwandelt sich die im Darm lebende Form der Giardien (birnenförmig mit
zwei Zellkernen und Geißeln zur Fortbewegung, dazu eine Art Saugnapf um sich an der Darmwand festzuhalten) im Enddarm in ein widerstandsfähiges Dauerstadium (Zyste). Dazu kugelt sich der Parasit und
umgibt sich mit einer Hülle, der Zystenwand. Als Zyste ausgeschieden kann der Parasit einige Wochen, bei kühlem und feuchtem Umgebungsklima sogar mehrere Monate ohne Wirt überleben und infektiös
sein.
So erklärt sich auch, warum bei Giardieninfektionen in Tierheimen oder Zwingeranlagen schnell alle Tiere befallen sind. Neben der medikamentösen Behandlung der Tiere muss hernach peinlich darauf
geachtet werden, dass in Ausläufen keine feuchten Areale vorhanden sind, dass die Boxen und Zwinger nach der Reinigung (am besten Dampfstrahlgerät) gut abgetrocknet sind, bevor die Tiere wieder
Zugang erhalten. Nur so lässt sich das Risiko, dass die Tiere Zysten aus der kontaminierten Umgebung ab schlucken und sich im Darm erneut die entzytisierten Giardien rasch vermehren, eindämmen. Eine
regelmäßige Nachbehandlung ist nötig, denn ein infiziertes Tier kann etwa 100.000 Zysten pro Gramm Kot ausscheiden, man geht davon aus, dass nur etwa 10 Zysten für eine Infektion ausreichend sind.
Die Ausscheidung der Zysten beginnt etwa 4 bis 14 Tage nach der Erstinfektion und dauert über mehrere Wochen an, nimmt das Tier immer wieder Zysten aus der Umwelt auf, ist ein Ende nicht
abzusehen.
Der Giardiennachweis erfolgt mit speziellen Untersuchungsmethoden im Kot. Negative Untersuchungsergebnisse geben keine absolute Sicherheit, da die Erreger nicht regelmäßig mit dem Kot ausgeschieden
werden. Bei Verdacht sollte die Untersuchung daher wiederholt werden.
Eine Infektion mit Giardien setzt am meisten Welpen, Junghunden oder geschwächten Tieren zu. Die Hunde leiden unter hartnäckigen, übel riechenden Durchfällen, die oft hell und schleimig erscheinen,
gelegentlich auch blutig, teilweise einhergehend mit Erbrechen. Obwohl die meisten Tiere guten Appetit haben, magern sie durch die schlechte Nahrungsverwertung ab, Junghunde kümmern (Wachstums- und
Entwicklungsstörungen). Erwachsene Tiere zeigen oft keine Symptome, obwohl sie Zysten ausscheiden.
Interessant ist, dass sowohl bei Tieren als auch bei Menschen beobachtet wurde, dass Giardien in vielen Fällen nach kurzer Zeit wieder von selbst verschwinden, während dies bei anderen Individuen
nicht möglich ist und diese selbst nach erfolgreicher Behandlung immer wieder an Giardien erkranken.
Nicht jedes Breitbandmittel gegen Würmer bekämpft auch Giardien, die zur Behandlung von Giardien eingesetzten Präparate wirken allerdings auch gegen Würmer.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Giardien als Zoonose-Erreger eingestuft, also als vom Tier auf den Menschen übertragbar. Neben der Übertragung durch Schmutz- und Schmierinfektion, ist
verunreinigtes Trinkwasser oder unsachgemäß zubereitete Rohkost eine Hauptquelle der menschlichen Erkrankungen. Übrigens können selbst Fliegen Giardia-Zysten auf die Nahrung schleppen.